Friday, November 04, 2005

Einrichten eines einfachen Camps

Unter dem Motto „Aktivitäten im und ums Outdoor- Camp“ begaben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Vertiefungsstudiums Welt erleben und Entdecken für 26 Stunden an die Goldach in der Nähe von St. Gallen.
Das Einrichten eines einfachen Camps war unter anderem ein Ziel unseres Aufenthalts und ist das Kernthema dieses Blogs.

Lagerplatzgestaltung

Auf Gewohntes aus dem Alltag zu verzichten, ist ein riesiges Erlebnis. Damit aber tolle unvergessliche Augenblicke und eine gemütliche Atmosphäre entstehen, ist es wichtig, das Camp sinnvoll, zweckdienlich und funktionstüchtig aufzubauen.

Was macht einen geeigneten Lagerplatz aus? Beim Rekognoszieren des Lagerortes können folgende Punkte beachtet werden:

  • Gelände: Nicht in der Nähe von Felswänden und rutschgefährdeten Hängen. Wie ist die Bodenbeschaffenheit? Eher trockenen porösen Boden wählen, da Heringe einfacher
    einzuschlagen sind. Feuchter Untergrund wird bei Regen schnell zu Matsch.

  • Nicht direkt am Bach- oder Seeufern, mindestens einen Meter höher als der Wasserspiegel.
  • Gefahren wie ein Schiessstand, eine Staumauer oberhalb vom Bachverlauf, steile
    Abhänge. Sich bei Anwohnern der Umgebung erkundigen.
  • Ist Trinkwasser in der Nähe vorhanden?
  • Ist Holz vorhanden?
  • Besteht in der Nähe ein „Zufluchtsort“ oder eine Notunterkunft?
  • Wie kann Kontakt zur Aussenwelt hergestellt werden, wenn ein Notfall eintritt?
    Ist Natelempfang vorhanden? Bis wohin gelangt man mit Verkehrsmitteln?
  • Ist das Camp wetterexponiert? Wald, Bodenwellen und Hecken sind ein guter Windschutz.

Unser Lagerplatz war dem Dozenten bekannt und war schon Ort ähnlicher Veranstaltungen. Deshalb bestand für uns die zentrale Fragestellung darin, was ein Camp alles beinhalten muss. Wir einigten uns auf folgende Einrichtungen:

  • Eine Kochgelegenheit
  • Schlafplätze
  • Hygiene – Vorrichtungen
  • Ein Materiallager

Gemeinsam besichtigten wir das Gelände und legten die entsprechenden Orte fest. In der Nähe des Flusses war bereits eine geeignete Feuerstelle vorhanden.
Die Schlafplätze wurden anhand der Bodenbeschaffenheit, welche weich sein sollte, bestimmt. Ebenso war wichtig, dass sich die Latrine in der Nähe der Schlafgelegenheiten und des Zentrums befand und ungefährlich erreichbar ist. Zudem musste sie in genügend weiter Ferne von der Kochgelegenheit angelegt werden.
Das Materiallager wurde so bestimmt, dass es von der Küche, wie auch von den Schlafplätzen schnell zu erreichen ist.



Mit einer Kindergruppe wäre für das Camp sicher eine grössere Spielfläche von Vorteil.

Bild: Kennen und können, siehe "Links und Verweise"

Material

„So viel wie nötig – so wenig wie möglich“

Im Kennen und Können fand ich eine Werkzeugliste für ein Lager


  • Axt, Handbeil
  • Säge, Sägeblätter, Fuchsschwanz
  • Schaufel, Spaten, Pickel
  • Hammer, Nägel, Zange
  • Sackmesser
  • Ev. Schrauben, Schraubenzieher, Rollgabelschlüssel, Meter

Hilfsmaterialien

  • Seile, Seilrollen und –stücke, Bindestricke
  • Karabinerhaken mit Schraubensicherung
  • Verschweisste Stahlringe, Stehschlingen
  • Verschiedene Schnüre
  • Tücher und Lappen (um die Bäume zu schützen)

Pflege der Werkzeuge
Damit die Werkzeuge lange und unfallfrei verwendet werden können, ist es wichtig, sie sachgerecht zu verwenden und sie zu pflegen. Die Werkzeuge:

  • den jeweiligen Arbeiten anpassen.
  • vor Feuchtigkeit schützen.
  • nach der Arbeit reinigen und einfetten (z.B. mit Petrol), damit sich kein Rost bilden kann.
  • nicht auf dem Boden liegen lassen, sie setzen Rost an und bilden ein Unfallrisiko.
  • nach dem Gebrauch an ihren Platz zurückstellen, nicht in den Boden „rammen“ (z.B. Beil).
  • beim Transport mit einer Schutzhülle aus Karton oder Zeitung einfassen.
  • Beile, Sägen, etc, nicht auf Seile legen!!!


Bei einem Camp für längere Zeitdauer wäre ein Materialzelt von Vorteil.










Quellenverweise:
Listen aus Kennen und Können, S. 194 - 199, siehe Links und Verweise
Foto: Teilnehmer VS

Zeltbau













In unserem Camp sind zwei Übernachtungsmöglichkeiten aufgebaut worden. Für die Frauen wurde ein geschlossenes Firstzelt aus Militärblachen aufgestellt.




Damit die Zeltschnüre, z.B. des Firstzelts, auch nachgespannt werden können, eignet sich der Fuhrmannsknoten.










Durch die Erfahrungen eines Teilnehmers als Zimmermann errichteten die Männer eine Eigenkonstruktion.










Mitternächtliche Anstrengungen für trockene Schuhe...


Während die Frauen zugeben, eine eher kalte Nacht verbracht zu haben, behaupten die Männer immer noch, nicht gefroren zu haben. Wer weiss…?!?!






Für erfolgreiche Zeltbauten aus Plachenmaterial ist folgendes zu beachten:









  • Nur die Aussenseite dem Regen aussetzen.
  • Nie mit Schuhen auf die Blachen treten!!!
  • Die Mittelnaht soll immer senkrecht verlaufen, was den Wasserabfluss erleichtert.
  • Wenn möglich vorstehende Nahtkanten nach unten richten (siehe Bild).














  • Immer beide Knopfreihen verknöpfen. Beim Zusammenknöpfen muss der äussere überlappende Blachenrand stets nach unten zeigen.

Quellenverweis:

Infos und Bilder aus Kennen und Können S. 204 - 209, siehe Links und Verweise

Fotos: VS Teilnehmer

Sanitäre Bauten

Wir haben in unserem Camp die einfachste Latrinenart gewählt, nämlich ein Loch, das in die Erde gegraben wird.
Wichtig: Nach dem Toilettengang das WC-Papier verbrennen, da der natürliche Abbau zu lange dauert. Die Rückstände mit etwas Erde wieder zudecken. Am Ende des Camps wurde das Loch wieder ganz zugedeckt.

Material:
- Schaufel
- Zünderhölzer
- WC-Papier

Weiterführende Gedanken und Ideen in Bezug zur Praxis in der Schule

Mit einer Schulklasse einige Tage in der Natur zu verbringen und auch zu biwakieren, ist sicherlich ein einmaliges Erlebnis. Vor allem sehe ich solche Wochen in der Mittelstufe, z.B. in Form eines Klassenlagers. Dazu ist sicherlich eine gute Vorbereitung notwendig, welche vielleicht auch mit der Klasse durchgeführt werden kann. Zudem wären auch Begleitpersonen, welche sich im Bereich Outdoor auskennen, von Vorteil. Bei einem Klassenlager könnte das Material durch J&S bezogen werden. Nur müsste auch das Programm J&S tauglich sein.

Solche Tage wirken sich bestimmt auch positiv auf das Klassenklima und die Gruppendynamik aus.

Für die Unterstufe sähe ich eher einzelne Waldtage, bei welchen höchstens eine Übernachtung stattfindet.


Beim Schreiben des Blogs ist mir folgende Frage, durch den Kopf geschwirrt:

Haben Kinder in einem Outdoor-Lager weniger, gleichviel, oder mehr Heimweh als in einem Lagerhaus? Bis jetzt habe ich noch keine Antwort gefunden.

Lehrplanbezug

Unterstufe

Räume und Zeiten
- Die näheren und weitere Lebensumgebung erkunden und sich darin auskennen
Camp ermöglicht, die Lebensumgebung direkt zu erfahren

- Zeitrhythmen und Zeitspannen erfahren und erkunden
Tag und Nacht im Freien erleben

- Veränderung in der Erlebniswelt erkunden
Wohnen früher – heute; einige Tage so leben, wie die Menschen damals

- Wechselbeziehungen zwischen den Menschen und ihrem Lebensraum erkennen
Einfluss von Witterung und Gelände aufs Camp. Durch neuen Lebensraum anderes
Verhalten erzeugen

- Zu den Schönheiten in der Lebensumgebung Sorge tragen, positive und negative Beispiele
entdecken und benennen
Beim Aufstellen des Camps und auch bei den Aktivitäten auf Ethische Werte Acht geben

Natur und Technik
- Natur mit allen Sinnen erleben
Durch das Wohnen im Freien unter allen Witterungsbedingungen

- Auswirkungen der Technik auf Natur und Menschen erkennen
Herstellen einer „Wohngelegenheit“ mit einfachsten Mitteln.
Die Heringe selber anfertigen etc.
Wasser nicht direkt von der Leitung haben, es von weit hertragen müssen

I&G
- Lebensweisen anderer aufzeigen
Z.B. das Leben von Nomaden


- Gemeinschaftsfördernde Verhaltensweisen nennen, Zusammenarbeit und Gemeinschaft
pflegen
Kooperation beim Zeltbau, gemeinsam etwas zum „Überleben“ beitragen


- Gesundheitsfördernde Verhaltensweisen kennen
Körper- und Zahnhygiene-Plätze einrichten und spezifisches Verhalten
erklären / vorzeigen


- Arbeiten für die Gemeinschaft ausführen
Aufstellen von einem Teil des Camps, welcher für alle von Bedeutung ist.
Materialverwaltung
Kochen für alle

- Freude für geleistete Arbeit empfinden
Stolz sein, dass aus eigener Kraft eine Wohngelegenheit geschaffen wurde

Mittelstufe


Räume und Zeiten
- Landschaften und Lebensräume erkunden
Geeigneten Ort zum Biwakieren und Campplatz ausfindig machen

- Zu den Schönheiten in unserem Land Sorge tragen und auf positive und negative Beispiele
aufmerksam werden
Auf Lebensräume und Lebewesen beim Errichten des Lagerplatzes Rücksicht nehmen
Am Ende der Veranstaltung den Platz so verlassen, dass kaum Rückstände sichtbar sind
Alle Abfälle mitnehmen


Natur und Technik
- Zusammenhänge in der Natur erkennen
Verwesungsprozesse, z.B. bei Latrinen, Zusammenhang mit Grundwasser

I&G
- Über sich selbst nachdenken, sich mitteilen
Gefühle, Bedürfnisse, eigene Interessen, Werthaltungen und Ziele anderen in dieser
speziellen Lebensform mitteilen können


- Gemeinschaftsfördernde Verhaltensweisen anwenden, gemeinschaftshemmende
vermeiden
Gemeinsam die Zelte errichten, kochen, spielen, musizieren etc.

- Miteinander reden und arbeiten
Gemeinsam das Campieren planen und durchführen, Regeln für
das Zusammenarbeiten entwickeln


- Geschlechtsspezifisches Verhalten und geschlechtsspezifische Vorurteile kennen
und hinterfragen
Gemeinschaft leben, Mädchen- Jungentätigkeiten erleben können,
oder auch geschlechts untypische Verhaltensweisen ausprobieren


- Sich gesundheitsfördernde Verhaltensweisen aneignen
Zahnhygiene
Bei mehreren Tagen auch das Thema Körperhygiene thematisieren und umsetzen

- Persönlichkeitsstärkende Verhaltensweisen erfahren und sich aneignen,
eigene Fähgkeiten einschätzen
Wissen, dass man in der Natur überleben könnte

- Eigene Neigungen und Begabungen erkennen und zum Wohle
der Gemeinschaft einsetzen
Talente zu Gunsten der Gruppe umsetzen

Persönlicher Wert der Veranstaltung

Für mich ist es immer wieder ein besonderes und tolles Erlebnis, draussen in der Natur zu weilen, und mit den einfachsten Mitteln zu leben. Während der Zeit an der Goldach erhielt ich viele praktische Tipps, Ideen und Anregungen, welche ich sobald wie möglich umsetzen möchte. Diese Tage werden mir noch lange in guter Erinnerung bleiben.

Die gemachten Erfahrungen, ermutigen mich, solche Projekte mit meinen zukünftigen Schülerinnen und Schülern umzusetzen. Ich denke, dass es für die Kinder wichtig ist, einmal aus der sterilen Alltagswelt auszubrechen und an ihre Grenzen zu stossen.

Vielen Dank für die tolle Zeit!!!

Links und Verweise